Lion Feuchtwanger:
Exil (Wartesaal-Trilogie)
2. 12. Samstag 21:00 – 22:10 AUSVERKAUFT
Regie Kamila Polívková
Theater X10
Charvátova 39, Prag 1
Karte
Gespielt: Antonie Rašilovová, Lucie Roznětínská, Marie Švestková, Jan Bárta, Jan Grundman, Vojtěch Hrabák, Hynek Chmelař, Ondřej Jiráček, Václav Marhold, Matěj Šíma
Josef-Balvín-Preis 2022/23 – Preisträger
„Ich habe nichts, nichts, nichts!“
Der Schauplatz des dritten und letzten Teils der freien Trilogie ist Paris im Jahr 1935. Die zahlreichen deutschen Flüchtlinge in der Stadt vertreten die verschiedensten Überzeugungen. Sie verbringen ihre Zeit mit politischen Debatten, dem Besorgen von erforderlichen Dokumenten, dem Verfassen von antifaschistischen Pressetexten oder ergehen sich in banalen persönlichen Zwistigkeiten. Der Komponist Sepp Trautwein investiert seine gesamte Energie in die Pressearbeit, um mit internationalem Druck die Befreiung seines Kollegen zu erwirken, der von den Nazis gefangen gehalten wird. Für Musik bleibt keine Zeit mehr. Das Leben seiner Frau Anna Trautwein zerfällt. Mit einem Mal steht sie vor einer Vielzahl kleiner, alltäglicher Hürden. Doch ihr fehlt die nötige Kraft, richtig abzuschätzen, ob „dieser Übergang zu As-Dur wirklich von Sepp stammt oder auf Mahler beruht.“ Für Musik bleibt keine Zeit mehr. Sohn Hans lernt – aus welchem Grund auch immer – Russisch und begreift beim besten Willen nicht, warum jemand seine Zeit mit Musik verschwendet. Alle Protagonisten sind in einem Provisorium gefangen. Was ihnen bleibt ist der Kampf für hohe Ideale sowie die menschliche Würde, für das Recht auf Arbeit und Heimat, der angesichts der immensen Kraft der Nazidiktatur, dem Staatsapparat des Gastlandes und der eigenen Erschöpfung ausweglos erscheint. Die Umstände lassen jegliche Form von Liebe im Keim ersticken.
„Der Wartesaal“ ist nicht nur der Titel der Romantrilogie von Lion Feuchtwanger, sondern auch der neuen Sinfonie von Sepp Trautwein. In ihr ertönt ein Treiben aus Lärm und Trubel, man hört bruchstückhafte Dialoge aus dem Alltagsleben sowie politische Reden. Der Autor schweift vom Intimen zum Öffentlichen und zurück. In dem Treiben erklingen die Töne aller verspäteten, verpassten und umgeleiteten Züge wie auch die Stimmen von Personen, die mit unförmigen Taschen und schweren Koffern, fettigen Haaren und abgelaufenen Papieren auf die Züge warten. In der Hoffnung, dass eines Tages der richtige kommt, der sie endlich in Sicherheit bringt.
Auf Tschechisch mit deutscher Übertitelung.
Webseite der Produktion: Divadlo X10: Vyhnanství
Foto: © Patrik Borecký